Interview mit Katharina Schrott zu BimBam

Was bedeutet BimBam für Dich?

BimBam ist für mich eine Art Leuchtturm innerhalb unserer Theaterarbeit. Ein Zeitraum in dem das Toihaus sich selbst in einen internationalen Kontext stellt und aktuellen internationalen künstlerischen Strömungen eine Bühne gibt. Wir begegnen unserem Publikum mit einer Vielfalt an künstlerischen Zugängen, die man so selten bis gar nicht in konzentrierter Form in Salzburg zu Gesicht bekommt. BimBam ist aber auch ein Festival, das unser gesamtes Team motiviert und die Betriebstemperatur erhöht, je näher das Festival herankommt. Wir absolvieren an die 50-60 Vorstellungen mit einem relativ kleinen Team. Das ist ein Ausnahmezustand der Zusammenarbeit im Team, etwas sehr Schönes.

Gibt es etwas, das für BimBam spezifisch ist?

BimBam ist ein Theaterfestival, das sich ausschließlich auf Theaterstücke fokussiert, die für kleine Kinder und ihre erwachsenen Begleitung konzipiert sind. Die Stücke, die bei BimBam gezeigt werden, sind ausgesuchte Unikate und für mich kleine Gesamtkunstwerke, Miniaturen, die alle Theaterparameter zu einem konzentrierten Theatererlebnis vereinen. Ich nenne sie auch eine „Praline des Theaters“. Alle Theaterparameter werden innerhalb eines relativen kurzen Zeitraums von 30-40 Minuten aufbereitet und zu einem theatralischen, sinnlichen und auch emotionalen Erlebnis zusammengeführt. Die Stücke sind meist nonverbal – Musik, Bewegung, Darstellung, Dynamik und vor allem die doch spezielle Dramaturgie ziehen das Publikum in einen Bann, geleitet durch Bilder, Atmosphären und musikalische Stimmungen. Die Stücke für die Jüngsten entstehen meist aus einer Idee – eine Idee wird zum Spielfeld, um die Welt wiederzufinden, neu zu entdecken oder sie zu hinterfragen. Die Künstler*innen teilen gemeinsam mit dem Publikum ein vielfältiges, ausdrucksvolles und auch lustvolles Zusammenspiel der Dinge. Für die Jüngsten kann wenig viel und groß sein. Dies ist genau der Spielraum für die Künstler*innen und Theatergruppen. Und genau das genießen die Großen, die Erwachsenen im Beisein der Kleinen. Die Erwachsenen entdecken im Theater oft hohe Emotionalität, womöglich wird ein Bereich ihres eigenen inneren Kindes berührt. Eine Art Erinnerung. Ein Besinnen. In meinem ersten BimBam hab ich mal gesagt: „Im besten Fall lachen die Kinder, und die Erwachsenen weinen.“ Ich weiß das ist ein bisserl kitschig … Kinder vereinen für mich etwas Vorbildliches, sie verbinden elementare Fähigkeiten mit dem Komplexen. Kinder selbst sind ein Konzentrat des Großen, dessen muss man sich als Künstler*in immer bewusst sein.

Wie lange kennst Du BimBam schon?

Ich bin in das Festival hineingewachsen. Ich war zuvor als Künstlerin auf der Bühne tätig oder habe Stücke choreographisch begleitet oder kreiert. BimBam ist mir immer aufgefallen, weil es eine Vielfalt an Theaterzugängen mit sich brachte, und im Zuge meiner persönlichen Entwicklung wollte ich die Perspektive innerhalb des Theater wechseln. Dies wurde möglich, weil Helga Gruber, die Festival-Gründerin, mir Einblick in ihre Arbeit gegeben und mir das Festival in Folge übergeben hat.

Wie lange kuratierst Du BimBam schon, und wie hat sich das Programm entwickelt?

Dies wird nun mein drittes Bimbam in Folge sein. Eine besonderes Bimbam, welches unter sehr ungewöhnlichen Umständen entstanden ist. So ein Festival wird ja nun nicht in zwei Wochen zusammengestellt, sondern hat eine Vorlaufzeit von eineinhalb bis zwei Jahren. Im März 2020 waren wir dann erstmals vom Lockdown betroffen. Eine Zeit, in der gerade noch frische Stücke eingereicht wurden, die Planung noch viele Lücken hatte und im Grunde noch zahlreiche Festivals in ganz Europa auf meiner Reiseliste standen. Keine leichte Zeit und die Kuratierung war schwierig. Die Stücke, die meist auch durch das Live-Erlebnis mit Publikum punkten, konnte ich dieses Mal nur per Video sichten, bis auf eine Produktion. Theaterfestivals in ganz Europa sind zur Gänze ausgefallen, aber sie sind ein wichtiger Ort, um Kompanien kennenzulernen, zum Netzwerken und ein Gefühl für die künstlerischen Entwicklungen in diesem Bereich zu bekommen. Unser europäisches Projekt ,Mapping´ wurde zudem bis auf weiteres auf Eis gelegt und geplannte Gastproduktionen unsere Partnerinstitutionen wurden mit einem Schlag aus der Plannung gestrichen. Ich entschied, weniger Kompanien einzuladen, dafür das Spielvolumen der einzelnen Gruppen zu erhöhen, damit Reisetätigkeiten geringer wurden. Außerdem haben wir zwei osterreichische Kompanien eingeladen, eben auch aus der Schockerfahrung im März heraus, dass die Länder Grenzen plötzlich schließen könnten. BimBam ist trotz allem auch diesmal ein ausgesuchtes Festival geworden und wird ganz besondere Theatermomente nach Salzburg bringen.

Was möchtest Du mit BimBam bewirken?

Bestenfalls einen unvergesslichen und gelungenen Theaterbesuch für Groß und Klein. Ein emotional berührendes Erlebnis, welches impulsgebend wirkt, Fragen aufwirft, das Herz öffnet, die Gedanken aufwirbelt und zum Fließen bringt. Theater und Kunst sind für mich lebendige Bewegungen in unserer Gesellschaft. Sie geben die Möglichkeit unsere Gesellschaft mitzugestalten, zu bewegen und, sehr wichtig – zu „bilden“. BimBam hat alles, was es dafür braucht, und wir können damit ein großes Publikum erreichen. Die Kleinen, die Kinder, nehmen die Großen, die Erwachsenen, mit. Unsere Zielgruppe sind die Kleinsten. Wie meine Kollegin Cornelia Böhnisch immer zu sagen pflegt: „Da stehen wir an der Schnittstelle zur Zukunft.“ Ein spannender Ort und gerade in diesen Zeiten so wichtig zu füllen. Theater ist persönlichkeitsbildend und wir bieten möglicherweise die erste Theatererfahrung/Kunsterfahrung für die Kinder.

Gibt es etwas fundmental Neues beim BimBam Festival 2021?

Wir werden erstmalig einen Professionals´ Day innerhalb des Festivals anbieten und unsere Stücktriologie zum Werkstoff Ton vorstellen. Ausgehend von einem Thema wurden für die Spielzeit 2020/2021 am Toihaus Theater drei Produktionen, TON – Ton in Ton – Spieltöne entwickelt, die sich gegenseitig inspirierten und jedes Alter, von klein bis groß, auf unterschiedlich Weise ansprechen. Bei einem Round Table zum Thema „Theater für die Jüngsten – Performance unter das Brennglas?“ werden zeitgenössische Zugänge und Herangehensweisen im Theater für Klein(st)kinder mit einem ausgesuchten Fachpublikum diskutiert.

Wer sind Eure Kooperationspartner*innen?

BimBam kooperiert erstmals mit dem Museum der Moderne Salzburg und der ARGEkultur und arbeitet mit bewährten Partnern wie dem Spielzeugmuseum oder der SZENE in der Stadt Salzburg zusammen. Im Land Salzburg kooperiert BimBam mit dem Kulturhaus Emailwerk Seekirchen, der Lungauer Kulturvereinigung Tamsweg, dem Kunsthaus Nexus St. Johann, dem EKiz St. Gilgen und dem Schloss Goldegg. In Oberösterreich stehen Vorstellungen bei der Kulturplattform Bad Ischl und in der Steiermark in Haus im Ennstal am Programm.

Wie geht Ihr beim 8. BimBam Festival mit Covid-19 um?

Corona war und ist der große Unsicherheitsfaktor – sowohl bei der Planung als auch bei der Durchführung des BimBam Festivals. Wir werden uns nach den gesetzlichen Vorgaben richten und in diesem Rahmen durchführen, was möglich ist. Das wird voraussichtlich bedeuten, dass weniger Zuschauer*innen pro Veranstaltung zugelassen werden können wie im Normalbetrieb. Wobei die Vorstellungen im BimBam Festival sich auch normalerweise nur um die 50 Personen pro Vorstellung bewegen. Es wird die üblichen Abstandsregeln und Vorschriften hinsichtlich des Tragens von Masken geben. Im Moment gehen wir auch davon aus, dass Besucher*innen, Künstler*innen und Mitarbeiter*innen einen negativen Test vorweisen müssen, warten aber natürlich auf die genauen gesetzlichen Regelungen. Für unsere Gäste aus dem In- und Ausland haben wir Corona-Klauseln in die Verträge eingebaut, die ihnen einen Teil der Gage bei einer Corona-bedingten Absage des Festivals sichern. Die Verträge mit den Künstler*innen unserer Eigenproduktionen sind ebenfalls bereits abgeschlossen. All dies ist ein enormer organisatorischer und finanzieller Zusatzaufwand, aber wir wollen gerade den Jüngsten wieder Theatermomente anbieten. Ein Festival wie das BimBam hat über ein Jahr Voraufzeit in der Planung und es ist eine enorme Herausforderung, dass so vieles ein Monat vor Beginn noch unklar ist. Andererseits bieten wir im Vergleich zu Großveranstaltungen dann doch Vorstellungen im kleinen Rahmen mit vergleichsweise wenig Beteiligten und können relativ flexibel auf die Entwicklungen reagieren.

Wie ist das Festival finanziert?

Das BimBam Festival finanziert sich aus dem laufenden Budget des Toihaus Theaters, einer kleinen Zusatzfinanzierung vom Bund von 10.000 Euro und normalerweise einer Kofinanzierung aus dem EU-Kooperationsprojekt ,Mapping‘. Die EU-Finanzierung fällt dieses Jahr fast zur Gänze aus, weil das Projekt ,pausiert‘, da zu viele der europäischen Partner zur Zeit weder produzieren noch auftreten können. Auch die Ticketeinnahmen werden geringer ausfallen wie in den Vorjahren. Ausgeglichen wird das durch Umschichtungen im Budget, zum Beispiel dadurch, dass 2021 bereits produzierte Stücke aus dem Vorjahr zur Premiere kommen werden und dadurch geringere Produktionskosten anfallen.

BimBam – „jetzt erst recht“ – wie siehst Du den Stellenwert von Theater in der aktuellen Krise?

Uns ist es nach der ungewollten Stille im Theater während dreier Shutdowns ein besonderes Anliegen, 2021 einmal mehr ein Festival für Klein(st)kinder auszurichten. Denn Kinder gehören zu den „großen“ Verlierer*innen im Lockdown. Lange gab es keine Möglichkeit, im Theater den Horizont zu weiten und zu staunen, vermittelt sich die Magie des Theaters doch vor allem im Live-Erlebnis! Genau jetzt sind Fantasie, Improvisationsvermögen, Sensibilität und offene Sinne mehr denn je gefragt“.

BimBam Festival