Gemeinsamschwesterliches
Antigone – Antigonos – Antigonä
Ein Abend mit drei zeitgenössischen Antigone-Interpretationen
„Gemeinsamschwesterliches“ – mit dieser Wortneuschöpfung eröffnet Friedrich Hölderlin seine „Antigone“, die er nach der Vorlage des griechischen Dramatikers Sophokles (497/496 v.Chr. – 406/405 v.Chr.) Anfang des 19. Jahrhunderts ins Deutsche übersetzte. Hölderlins Übertragung wurde zu seinen Lebzeiten als erstes Symptom seines beginnenden Wahns verurteilt. Erst im 20. Jahrhundert entdeckte man die Poesie und Musikalität des Textes. Ausgehend von dieser Übersetzung zeigen die Regisseurin und Puppenspielerin Katharina Kummer, der Regisseur Arturas Valudskis mit Schauspieler Thomas Höfner sowie Katharina Schrott und Felicitas Biller jeweils ihre Interpretation des klassischen Stücks. Dabei werden sich die drei Inszenierungen mit Empfindung und Phantasie der „Antigone“ annähern und verschiedene zeitgenössische Blickwinkel auf diese wirkungsmächtige Tragödie geben.
Produktionsleitung: Felicitas Biller
Licht / Technik: Robert Schmidjell, Alexander Breitner
1. Teil – „Turm/Schleier Puppe/Fleisch – ein Bühnenessay“
In einer abgelegenen Anstalt nach dem Ende der Welt treten Hölderlin und Antigone in einen rasenden Schizolog. Sie treffen sich unter dem Aspekt des Ent-mündigt-seins – gemeinsam mit anderen Figuren des Dramas. Alle erscheinen uns in veränderter Gestalt und in ungewohntem Licht. Die Versuchsanordnung leitet ein Arzt – ehemals Kreon. In einer wilden Fahrt ähnlich einem Flugsimulator zoomen die Insassen der Tragödie durch alle fünf Akte des Stückes. Wenn Hölderlins Antigone den Beginn seiner ‚Krankheit‘ markieren soll, fragt sich: wer ist Monster – der Abweichler, der Vertreter der Ordnung oder beide?
Text / Regie / Spiel: Katharina Kummer
Raum / Kostüm: Julia Bosch
Puppenbau: Atif Hussein
2. Teil – „Zwischen Tisch und Stuhl“
Ist Antigone die Schwester ihres Vaters, da beide die gleiche Mutter haben? Antigones Familienkonstellation führt zu einer gewissen Verwirrung, wenn der Vater auch der Bruder seines Sohnes ist. Ob in der griechischen Mythologie oder in der jüdisch-christlichen Erzähltradition, enge Verwandtschaftsverhältnisse sind ein wiederkehrendes Element und ausschlaggebend für die Handlungsmotive. Diesem archaischen Prinzip geht die Inszenierung von Arturas Valudskis mit einem Augenzwinkern auf die Spur. Aus den ins Absurde gesteigerten Verwandtschaftsgraden der Antigone entwickeln sich die inneren Kämpfe der Figuren, die gerade in ihrer archetypischen Tragik ihre Komik offenbaren.
Regie: Arturas Valudskis
Spiel: Thomas Höfner
3. Teil – „Die Ewigkeit der Gegenwart“
Eingesperrt zwischen Mauern befindet sich Antigone auf der Schwelle zwischen Leben und Tod, in einem Nicht-Mehr und Noch-Nicht. In einer Durchgangszone ohne Halt, da vom Vergangenen nichts mehr und vom Zukünftigen noch nichts besteht. Sie sucht nach ihren Wurzeln in der Erinnerung, taucht in das Fremde ein und aus dem Eigenen auf. Daneben steht Hölderlin und betrachtet Antigone verständig im Unglück. Er sucht nach dem „Rhythmus, im höhern Sinne“, nach ihrem „kalkulablen Gesetz“. Im Loslösen von sich selbst finden sie ihren Berührungspunkt im ewigflüchtigen Moment des Übersetzens.
Regie: Katharina Schrott
Spiel: Felicitas Biller
Premiere: Donnerstag 16. Jänner 2020, 19:30 Uhr
Vorstellungen:
Fr 17.01. – 19:30 Uhr
Fr 31.01. – 19:30 Uhr
Sa 01.02. – 19:30 Uhr
Anmeldung für Schulklassen & Gruppen:
Katharina Meier
katharina.meier@toihaus.at
T. +43 662 874439 20
Fotos
Credit: Ela Grieshaber